Unter der Lupe: zeitnah

Heute nehmen wir einen Begriff unter die Lupe, der vor etwa 20 Jahren in Politikerkreisen auftauchte und seitdem unaufhaltsam Karriere macht: zeitnah.

Unter der Lupe: zeitnah

Heute nehmen wir einen Begriff unter die Lupe, der vor etwa 20 Jahren in Politikerkreisen auftauchte und seitdem unaufhaltsam Karriere macht: zeitnah.

Das sagt der Duden

  1. gegenwartsnah [und zeitkritisch] Beispiel: ein zeitnahes Bühnenstück
  2. schnell [erfolgend]; umgehend
    Beispiele: eine zeitnahe Reaktion, Neuerungen zeitnah umsetzen
    (Quelle: https://www.duden.de/rechtschreibung/zeitnah)

Wann genau ist zeitnah?

Im Alltag begegnet uns „zeitnah“ fast nur in der zweiten Bedeutung. Vor allem im Managerjargon und Behördendeutsch ist das Wörtchen daheim, doch man trifft es auch sonst immer öfter an. Und zwar immer dann, wenn etwas eigentlich schnell geschehen, eine genaue Terminangabe aber vermieden werden soll.

„Wir werden zeitnah eine Lösung finden“ – klingt zunächst professionell und Vertrauen erweckend.

„Bitte setzen Sie sich zeitnah mit uns in Verbindung“, „Reichen Sie die Unterlagen zeitnah ein“ – klingt offiziell, nach Behörde, macht Eindruck – und auch ratlos.

Denn: Wann genau ist zeitnah? Von welchem Zeitpunkt geht der Absender aus? Und der Empfänger? Zeit ist ein relativer Begriff, den jeder individuell ein wenig anders empfindet. Fragen Sie fünf Bekannte, was „zeitnah“ für sie bedeutet und Sie bekommen fünf verschiedene Antworten. Der Begriff lässt viel Raum für Interpretation.

Manchmal hat die Uneindeutigkeit Methode: Wer „zeitnah“ eine Lösung präsentieren will, lässt sich damit alle Optionen offen. Keine konkrete Verpflichtung, kein nachvollziehbarer Termin. Er suggeriert: „Wir arbeiten daran“, bleibt dabei aber unverbindlich – eine gezielte verbale Vernebelungstaktik.

Wer dagegen „zeitnah“ etwas einfordert, will sich nicht in die Nesseln setzen, nicht unhöflich erscheinen, keinen Druck aufbauen. Nur wird er möglicherweise auch wenig erreichen und „zeitnah“ noch einmal nachhaken müssen, denn Zeit ist eben ein dehnbarer Begriff.

Fazit:

Ein klares Plädoyer für Klartext. Machen Sie sich und anderen das Leben leichter. Seien Sie eindeutig. Nennen Sie konkrete Termine oder einen Zeitraum wie „innerhalb von zwei Wochen“. Soll es doch einmal unkonkreter sein, empfehlen wir die Klassiker „bald, schnell, umgehend“, die Dringlichkeit eindeutiger vermitteln als das vage „zeitnah“.

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